Wie gut können Sie Lob annehmen? Falls Sie sich dabei häufig unwohl fühlen, ist dieser Artikel genau das Richtige für Sie, denn er enthält Tipps und Tricks, die es Ihnen leichter machen werden.
Lob annehmen kann nicht jeder gleich gut
Im letzten Artikel ging es um Führungskräfte, die sich bezüglich ihrer Stärken teilweise stark verschätzen und in ihrem Verhalten daraufhin übertreiben oder ihre Fähigkeiten fälschlicherweise unterrepräsentiert lassen. Wie kommt es, dass Sie positives Feedback für jemanden übrig haben und diese Menschen sich winden und Ihre Worte mit „Ach, nicht dafür…“ abwehren?
Ist doch seltsam, oder?
Das Vergnügen, andere mit Lob zu überschütten, sollten wir uns viel öfter gönnen.
–Ernst Ferstl
Gerade in unserem Kulturkreis wird (meiner Meinung nach) der Blick für die Stärken anderer noch selten eingesetzt und eher an Lob und Anerkennung gespart als freigiebig damit umgegangen.
Meine Erfahrungen zeigen verschiedenste Gründe, aus denen heraus Menschen Schwierigkeiten haben könnten, positives Feedback anzunehmen.
10 Beobachtungen, warum Sie sich mit Lob schwer tun
1. Sie haben gelernt, dass man sich Lob verdienen muss: Oft können Menschen, die hohe Ansprüche an sich selbst haben, nur schwer Lob annehmen. Perfektionistisch, wie sie sind, haben sie den Grund für die Anerkennung eventuell für sich noch nicht gefunden oder akzeptiert und arbeiten sich von Erfolg zu Erfolg, ohne sich aber die Genugtuung verschaffen zu können, diese auch zu feiern.
2. Sie haben Angst vor Selbstgefälligkeit: Gerade Menschen mit einem Drang nach Selbstentwicklung und -verbesserung möchten nicht still stehen. Sie suchen immerfort Möglichkeiten, an sich zu arbeiten. Lob anzunehmen kommt ihnen oftmals gleich mit einem Ausruhen auf den eigenen Lorbeeren und dem Gefallen an dieser Situation.
Lob nur die in den Himmel, die einen Fallschirm haben.
–Manfred Hinrich
3. Sie nehmen Ihrem Gegenüber das Lob nicht ab: „Schleimer!“, mögen viele denken, die vom Gegenüber ein dickes Lob bekommen. Je nachdem, wie authentisch der Lobende seine Worte ausspricht und anbringt, kann Anerkennung ebenso nach hinten losgehen.
4. Sie sehen den Lobenden nicht als wichtig genug für sich an. Das Lob vom Chef ist wichtiger als das vom Kollegen, ist wichtiger als das Lob vom Mitarbeiter, ist wichtiger als jenes vom Praktikanten? Nachvollziehbar. Wir haben alle interne Ranglisten, von welchen anderen Menschen wir etwas halten und wie schwer deren Worte für uns wiegen. Dabei kann das Feedback jedes Menschen einen großen Mehrwert für uns bieten.
5. Sie fühlen sich unter Druck gesetzt, ebenfalls Lob aussprechen zu müssen: Manche sind der Auffassung, dass andere vornehmlich loben, um selbst Anerkennung einzuheimsen. Kein Wunder, dass Sie sich unwohl fühlen, wenn das Gegenüber plötzlich Worte der Wertschätzung von sich gibt und Sie erwartungsvoll anschaut!
6. Sie sind besorgt, dass ihnen das Lob zu Kopfe steigt: Zahlreiche lebende TV-Beispiele zeigen, dass Erfolg arrogant machen kann. Selbstkritische Menschen sehen manchmal die Gefahr, dass Anerkennung der Anfang vom Ende ist. Sie machen ihre eigenen Erfolge klein und stehen oft nicht einmal für Erfolge ein, wenn sich ein anderer offenkundig mit ihnen schmückt. Das kann ein Schutz davor sein, als arrogant zu gelten.
7. Sie fürchten, die Akzeptanz von Lob belastet sie mit den Erwartungen anderer: Gerade im Berufskontext als Coach habe ich einige Menschen kennen gelernt, denen es schwer fällt, Wertschätzung anzunehmen, weil sie jedes positive Feedback mit einer indirekten Aussprache einer Erwartung verknüpfen. Frei der Einstellung „Was ich gut mache, muss ich wahrscheinlich auch bald öfter machen“ fühlen sich diese Menschen in ihrer Freiheit eingeengt und zeitweise unter Druck gesetzt von vermeintlich fremden Ansprüchen.
Die Anerkennung von Vorgesetzten ist meist eine Aufforderung zu noch mehr Leistung!
–Christine Mann
8. Sie machen sich deshalb Sorgen, dass das Empfangen von Lob die Messlatte nur noch höher legt: Jene, die schon im Lob die verpackte Erwartung des Gegenübers erkennen, scheuen sich oft ebenso davor, wohlwollende Worte anzunehmen, weil sie es als Karotte für ihre Motivation und keinen Ausweg sehen, in Zukunft unter oder bei der gleichen Leistung zu bleiben, die jenes Lob ausgelöst hat.
Besonders, wenn ein Kind mitbekommt, dass Gut nie Gut genug ist, wird die Bemühung immer größer, mehr oder endlich das „finale Lob“ zu bekommen (was auch immer das sein mag). Und später wird das Kind und der Erwachsene einem Lob gegenüber skeptisch sein (s.o.).
9. Sie möchten nicht gefallen. Viele Menschen sind auf Harmonie aus. Bewusst oder unbewusst wollen sie anderen gefallen, es ihnen recht machen und niemandem auf die Füße treten. Hat eine Person erst einmal für sich festgelegt, nicht mehr alles automatisch mit einem lächelnden „Danke!“ anzunehmen, kann das ebenfalls in die extreme Gegenrichtung schwenken. Und dann kommt häufig nur noch ein Gebrummel anstatt ein sauberes und herrliches „Danke!“.
10. Sie möchten unabhängig bleiben. Gerade für Erwachsene, die als Kinder viel (vielleicht sogar inflationär) gelobt wurden, kann ein Lob nicht mehr viel wert sein. Das, was früher „brav“ war und zu jeder 3 in der Schule hochgelobt wurde („Wir sind stolz auf dich!“), ist später im Leben in Relation gesetzt nicht mehr viel wert. Ganz im Sinne von „Dafür sind Eltern ja da. Die haben alles gelobt, egal wie schlecht ich war!“
Auch auf dem Weg in die Unabhängigkeit von der Meinung anderer kann es passieren, dass das Annehmen eines Lobes im Wege steht und nicht angenommen, sondern beinahe wegignoriert wird.
Können Sie Lob annehmen?
Gehören Sie zu den glücklichen Menschen, denen das Strahlen ins Gesicht fährt, wenn Sie ein Lob bekommen? Wissen Sie genau, dass es gerechtfertigt ausgesprochen wurde? Wunderbar! Denn Sie haben damit eine starke Fähigkeit, die einen Großteil Ihres Selbstbewusstseins ausmacht.
Oder gehören Sie zu jenen, die sich in mindestens einem der obigen Punkte wiederfinden und vielfach hadern, wenn Ihnen Anerkennung und Wertschätzung entgegen gebracht werden? Möglicherweise hilft ein Blick in Ihre Vergangenheit, z.B. auf Ihre Eltern, die Sie vielleicht zu extrem oder auch spartanisch gelobt haben. Möglicherweise ist Ihnen von einem Ihrer Chefs etwas anderes vorgelebt worden?
5 Fragen, um danach besser Lob annehmen zu können
Möchten Sie einen Schritt vorankommen? Dann beginnen Sie bei sich selbst. Nehmen Sie sich zehn Minuten Zeit und schreiben Sie ein paar Stichworte auf zu folgenden Fragen:
- Was hält mich davon ab, ein Lob dankend anzunehmen?
- Welches Lob kann ich dagegen gut annehmen?
- Gibt es eine bestimmte Person in meinem Leben, bei der mir das Annehmen von Anerkennung schwer fällt?
- Bei wem fällt es mir hingegen leicht? Warum gerade bei ihr?
- Wie könnte ich jeden Tag ein klein wenig üben, Anerkennung anzunehmen und mich darüber zu freuen?
Zum Schluss noch ein paar aufmunternde Worte. Bitte sehen Sie es nicht als Makel an, Wertschätzung nicht oder nur schwer annehmen zu können. Hinter jedem der zehn obigen Punkte steckt ein Grund, ein Wunsch oder etwas, das Ihnen fehlt. Das ist normal und nachvollziehbar. Dieser Artikel soll Ihnen dabei helfen, diesen Gründen auf die Schliche zu kommen und verstehen zu lernen, wo Sie einen Schritt weiterkommen können.
Und wenn es nur ein kleiner ist, der es Ihnen einfacher macht, das wunderbare Geschenk der Anerkennung ein Stück näher zu bringen!
Viel Erfolg dabei und viel Freude!
Danke für diese schöne Zusammenstellung!
Und wie man als Lobendende/r schon das Lob so gestalten kann, dass es für den anderen leichter annehmbar ist, beschreibt Marshall B. Rosenberg im Rahmen seiner „gewaltfreien Kommunikation“ (non-violent communication:
1. Erzähl den Menschen nicht, was oder wer sie sind. („Du bist toll!“)
2. Sag konkret, was sie getan haben. („Ich bin froh, dass Du gestern nachmittag das Telefon für mich übernommen hast!“)
3. Erläutere, warum das Deine Arbeit erleichtert oder Dein Leben reicher gemacht hat. (…“So konnte ich xy Aufgabe ungestört abschließen.“)
4. Sag ihnen, wie sich das für Dich anfühlt. („Ich bin sehr erleichtert darüber, weil ich mich nun wieder mit ganzer Kraft unseren heutigen Aufgaben zuwenden kann.“)
Sonnigen Gruß,
Christine
Es fehlt der Punkt, Lob nicht annehmen zu können, da man dies nie richtig erhalten hat und damit nicht umgehen kann