Jeder von uns hat im Laufe seines Lebens seine Herausforderungen. Manche sind größerer Natur, andere können nebenbei erledigt werden. Und erstere scheinen später im Leben viel kleiner als vorher. Schön wäre es, wenn man schon in der schwierigen Situation dächte, nur Gutes vor sich zu haben.
If life throws you a lemon – make lemonade.
–Joan Collins
Manche Menschen betiteln Probleme als Herausforderungen und versuchen der jeweiligen Lebenslage Gutes abzugewinnen. Durch diese Umdeutung – nimmt man das Wort der Herausforderung ernst und sagt es nicht nur so dahin – ist ein erster Schritt in die richtige Richtung getan.
Die Tibeter gehen einen weisen Schritt weiter: Sie formulieren nicht allein das Wort um, sondern bitten in ihren Zeremonien das Leben darum, ihnen das Maß an Herausforderungen zu schenken, das sie bewältigen können. Um sodann daran zu wachsen.
Die anderen haben es immer leichter
Auch wenn es ein rein subjektives Empfinden ist, dass es uns häufig schwerer gemacht wird als den anderen, ist dieses Empfinden nichtsdestoweniger störend und in vielen Situationen hinderlich. Weitaus hilfreicher ist hier die Geisteshaltung der Tibeter: Alles, was uns im Leben passiert, hat den Sinn, uns wie ein (guter) Lehrer zu fordern und uns Möglichkeiten zu schaffen, unsere Fähigkeiten zu entwickeln, unsere wahrgenommenen Grenzen zu erweitern und unsere Stärken zu stärken.
Wenn man alles, was einem begegnet, als Möglichkeit zu innerem Wachstum ansieht, gewinnt man innere Stärke.
–Milerepa
So, wie man einem solchen Lehrer vertrauen müsste, er meine es gut mit einem und wisse wohl, was gut für einen wäre, vertrauen ebenfalls die Tibeter auf das Leben und seine Weisheit. Welchen Vorteil hat das?
Nicht gegen, sondern mit der Kraft
Jemandem (auch sich selber!) zu vertrauen, ist anfangs nicht leicht. Hat ein Mensch unser Vertrauen dagegen gewonnen, gehen wir selbst in Situationen mit, die uns vorerst schwierig und unbequem erscheinen, von denen wir aber wissen, dass sie uns wachsen lassen. Weil wir das Potential für die Lösung der Situation bereits in uns tragen.
Ein Beispiel ist jede Ausbildung, die mit Selbsterkenntnis arbeitet und diese auch fördert und fordert (z.B. Therapie- oder Coaching Ausbildungen). Anfangs sträubt man sich noch, weil man ungern aus seiner Komfortzone heraus möchte. Später setzt man sich mit einer Schwäche oder unangenehmen Situation („Herausforderung“) auseinander und am Ende ist man vielfach froh, es getan zu haben und ist wieder einen Schritt weiter, um eine Erfahrung reicher, ein bisschen weiser.
Die Denkweise, dass das Leben ein guter und vertrauenswürdiger Lehrer ist und uns die Steine in den Weg rollt, die wir mit unseren oder vereinten Kräften auch wieder wegrollen können (und nach überstandenem Muskelkater stärker sind), hat folgenden Vorteil: man verbraucht seine Energie nicht für das Vermeiden schwieriger Situationen, sondern setzt seine Kraft vollständig für die Meisterung der „Lektion“ ein.
Die Praxis: wie kann ich meine Sichtweise nachhaltig ändern?
Leichter gesagt als getan, aber auch hier bringen Sie kleine Schritte und einfache Fragen schnell zum Ziel:
1. Welche schwierigen Situationen oder Menschen wirft Ihnen das Leben derzeit vor die Füße?
Ist das ein schwieriger Chef in der Firma oder eine zickige Kollegin? Vielleicht ein sturer Vermieter oder die kreischenden Kinder von nebenan?
2. Wie machen Ihnen diese Dinge das Leben schwerer? Wer sind also derzeit Ihre wichtigsten Lehrer?
Lehnt der Chef Ihre Vorschläge ständig ab? Können Sie mit der Kollegin nicht einen sachlichen Satz wechseln, ohne dass sie sich angegriffen oder persönlich beleidigt fühlt? Stellt sich Ihr Vermieter bei jeder Kleinigkeit quer und diskutiert es kleinlich aus? Rauben Ihnen die Kids von nebenan den Schlaf?
3. Welche Fähigkeiten werden von Ihnen gefordert, um damit zurecht zu kommen?
Chef: Kreativität oder der Mumm, das Thema anzusprechen?
Kollegin: Einfühlsamkeit in ihre Situation oder Wertschätzung?
Vermieter: Ruhe und Geduld?
Kinder: Akzeptanz oder die Fähigkeit, Oropax aus Wachs in die Ohren zu bekommen (und drinnen zu behalten)?
4. Was haben Sie in Ihrem Leben diesbezüglich bereits gelernt?
Wenn Sie zurück schauen auf Ihr Leben, gab es mit Sicherheit ähnliche Situationen, in denen Sie gelernt haben, wie Sie jemandem etwas präsentieren mussten, damit er es annehmen konnte (wie haben Sie das damals gemacht?).
Oder wie Sie jemandem Wertschätzung gezeigt haben, den Sie vielleicht gar nicht mochten, sich daraufhin aber überraschenderweise sogar verstanden haben.
Oder dass 100 Euro weniger Miete im Monat es nicht wert sind, wenn man sich dafür stundenlang mit dem Gericht auseinander setzt oder sich anschreit und dass eine Einladung zum Essen den Vermieter auf wundersame Weise verändern kann.
Oder dass (viele) Kinder häufig und intensiv schreien und auch Wasserbomben diese Herausforderung nicht lösen werden (keine eigene Erfahrung! ;).
Man muss das Leben nicht gleich wie die Tibeter herausfordern. Aber sich bewusst zu sein, dass man sich meist in die Situationen manövriert, mit denen und durch die man wächst, ist eine hilfreiche und stärkende Einstellung. Der Diplom-Psychologe Jens Corssen nennt das in seinem sehr empfehlenswerten Buch Der Selbstentwickler „Die Situation ist mein Coach“ und spricht von Menschen, die sich aktiv dafür entscheiden, am Leben zu wachsen und Schwierigkeiten und unvorhergesehene Ereignisse als Lernerfahrungen zu begreifen.
Und jetzt bin ich gespannt: Welche Erfahrungen können Sie Ihrem derzeitig am stärksten fordernden Lehrer anbieten? Was haben Sie vor kurzem über sich in einer schwierigen Situation gelernt?
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Danke für den Beitrag!
In der Tat haben wir, viel zu oft, die Gewohnheit vor schwierigen Situationen die Flucht zu ergreifen oder sie so weit zu „ignorieren“ um sich nicht damit auseinandersetzen zu müssen, uns in eine Art träge Verdrängung zu begeben, die uns nicht nach vorne bringt. Veränderungen können nur durch Störungen des status quo geschehen. Da das Leben keine Konstante ist, müssen wir uns bewusst werden, dass das zur Natur der Sache gehört. Entweder schwingen wir mit, oder wir bleiben auf der Strecke. „Nicht gegen, sondern MIT der Kraft“
Wenn wir unsere Sichtweise ändern, ändern wir auch unsere Erfahrung. Aber wir müssen eben das Leben als Lehrer annehmen und jede diese Situationen als Herausforderung sehen.
Ich kann Michael nur zustimmen
Schöne Grüße
Danke für den inspirierenden Artikel, Michael! Ich habe nur einen Satz beizutragen, denn ich habe deine Unterstützung und deine Impulse beim diesjährigen NaNoWriMo sehr ernst und in der Tat sehr viel aus diesen 30 Tagen mitgenommen. Mein Satz lautet:
Ich habe gelernt, mir zu vertrauen und mich ganz auf meine Stärken zu verlassen!
Danke und bis nächstes Jahr!
Danke Micha,
ich habe mich dieses Jahr besonders intensiv mit dem NaNoWriMo und der Tätigkeit des Schreibens auseinandergesetzt. Deine Pep-Talks haben sehr hilfreiche Impulse gesetzt und so nehme ich Folgendes aus dem letzten Monat mit:
Ich habe gelernt, wie sehr mir das Schreiben eigentlich am Herzen liegt und dass das Schreiben ein guter Ausgleich in schwierigen Zeiten ist. Ich denke, dass ich jetzt endlich die Motivation gefunden habe, um auch über den November hinaus an meinen Geschichten zu arbeiten.
Das war mein erster NaNoWriMo und ich meine nur durch die Pep-Talks ihn überhaupt gemeistert zu haben. Mein Satz:
Ich habe gelernt, wie leicht es ist, einfach weiter zu machen, wenn man das 30 Tage hintereinander macht, d.h. dass sich eine gewisse Gewohnheit des Nicht-Aufschiebens einspielt, wenn man eine gewisse Zeit dranbleibt.
Vielen Dank und sicherlich bis zum nächsten NaNo!
maifunke
Lernerfahrung Nanowrimo 2012: Wenn ich etwas wichtig nehme (und sei es nur für 30 Tage), dann gibt es kein „Ich habe keine Zeit“, sondern nur ein „Ich nehme mir keine Zeit“.
Mein Satz als Fazit für meinen 4. NaNoWriMo:
Ich habe gelernt, dass ich mich nicht mit meinen Leistungen und Erfolgen vom vergangenen Jahr messe, dass ich mich nicht zwanghaft selbst übertrumpfen muss, sondern auf meine Fähigkeiten und Möglichkeiten im Hier und Jetzt schaue – alles andere baut künstlichen Druck auf, der nur hemmt.
Jeden Tag weiterschreiben trotz SEKÜNDLICHER Zweifel und sich im Flow wiederfinden. Danke! Sofie http://www.sofiehein.de
Ich habe es geschafft, es ist etwas schönes entstanden und ich bin stolz, mir sagen zu können: Ich kann das! Das war zu vermuten, aber nicht bewiesen. Ich habe gelernt, dass eine Welt entsteht, wenn man dranbleibt und dass ich für mich enintreten kann. Immer mehr konnte ich mich hinstellen und sagen, ich hab jetzt schon so viel geschafft, da lasse ich es mir nicht nehmen bis zum Ziel zu kommen. Und ja, ich habe heute schon wieder dran geschrieben, also sehe ich mal, dass ich auf hundert Tage komme, damit es wirklich zur Gewohnheit wird, täglich zweitausend Wörter zu schreiben.
Durch den Nano 2012 habe ich über mich selbst gelernt, dass ich mehr kann als „nur“ Kurzgeschichten. Ich kann Romane schreiben und staune darüber immer noch.
Fazit meines 2.NaNoWriMo:
Die 50.000 Wörter sind nicht wirklich das Ziel, sondern bis zum Ende bei der Stange zu bleiben. Sich nicht von den 50K entmutigen lassen, auch wenn es nicht klappt, und einfach danach weiter schreiben, um die Story zu einem ordentlichen Abschluss zu bringen. Das zählt mehr als die Wörter.
Beim heurigen Nanowrimo habe ich gelernt beim Ball zu bleiben, so bin ich zwar flüßig und sehr schnell vorangekommen, aber dann war ich fertig und es fehlten noch etwa 1500 Worte. Ohne Wörterdruck hätte ich es so gelassen, so habe ich das Zeitfenster, ich hatte ja noch drei Wochen Zeit, genutzt und dem Ganzen dann noch zwei Szenen, einen Prolog und ein Nachwort angefügt. Eigentlich alles passend und jetzt gehts ans Korrigieren. Der Wunsch fürs nächste Jahr wäre wirklich vier Wochen an der Sache zu schreiben, aber das wird im November bei mir sowieso nicht gehen
Der diesjährige NaNoWriMo hat mich vor allem gelehrt, dass es manchmal sinnvoll ist, etwas aufzugeben, was nicht funktioniert, und es sich – wenn man das rechtzeitig erkennt – auch in einem anderen Projekt wieder aufholen lässt.
Hintergrund ist, dass mein erster Versuch diesen November bei gut 11.000 Worten stecken geblieben ist und nicht mehr weiter ging. Vor dem Hintergrund aufgeben, sich quälen oder noch einmal, hab ich mit einer frischen Geschichte angefangen und die zu meinem eigenen Erstaunen noch auf 54.000 Worte gebracht.
Ich habe gelernt, dass auf Facebook und Gameduell zu verzichten nicht weh tut und ich auf diese Weise viel Zeit gewinne, die ich ins Schreiben investieren kann.
Es ist leichter wenn man ein klares Ziel setzt, dann Kopf runter und durch, egal was die Zweifel Ängste sagen und am Ende freut man sich das man es geschafft hat.
Danke für deine tollen Pep-Talks, Micha.
Ich habe dieses Jahr auch zum ersten Mal mitgemacht und so viel Spaß gehabt, dass ich 2013 auch wieder teilnehmen werde.
Ich habe gelernt, dass ich alles ereichen kann, was ich will, wenn ich nur fest an mich glaube. Durch das Schreiben kann ich meine Gedanken und Gefühle ordnen, meine eigene Welt erschaffen und meinen Charakteren Leben einhauchen. Deswegen ist es für mich wichtig und ich nehme mir auch die Zeit dafür. Zwang ist für meine Kreativität zwar eher hinderlich, aber durch NaNo hat man so viel Spaß am Schreiben! <3
Hallo und viele dank!
Ich habe vor allem eines diesen Monat, das erste Mal NaNo, gelernt.
Ich kann mehr, als ich zuvor je gedacht hätte!
Bis nächstes Jahr,
‚Aleciel‘
Es ist wunderbar sich hinzusetzen und zu schreiben und zu wissen – gerade in diesem Moment bin ich eine von ganz vielen – wir heben die Welt gemeinsam aus den Angeln.
Es geht immer weiter, wenn man sich etwas fest vorgenommen hat. Wenn das doch immer so ginge, nicht nur beim NaNoWriMo. Meine Tochter: Wenn du meinst, es geht nicht mehr, kommt von irgendwo ein Wörtlein her …. 😉
Für große Schreibprojekte unbedingt Verbündete suchen, denen man ab und zu von den Fortschritten berichtet.
Schon vorher gut durchorganisieren und dann tatsächlich einfach schreiben!
Was habe ich in den 30 Tagen im November beim NaNoWriMo gelernt?
Manchmal laufen die Dinge erstaunlich besser, als man zu Beginn erwartet … 😉
Erstaunliche Erkenntnis nach dem NaNo:
Ich bin Schriftstellerin. Ich schreibe Bücher.
Ich verfolge die Filme, die ich sehe mit der Schreiberfahrung des NaNoWriMo anders als vorher, ein aha-Effekt.
Meine Charaktere dürfen Fehler haben und nicht immer Recht haben auch wenn sie denken, sie seien perfekt, das macht sie sympathischer.
Es schreibt sich leichter wenn man sich vorher überlegt, wie das Buch enden soll.
Schreiben macht süchtig!