Mal schnell verglichen: Ein kurzer Blick auf die Yelp-Rezensionen zeigt Ihnen, dass Münchens Restaurants nicht ganz so gut sind wie die in einigen Vororten. Das macht natürlich keinen Sinn. München ist wahnsinnig umkämpft, mit einer Tonne Umsatz und einem sehr anspruchsvollen Publikum. Ein flottes, lässiges Restaurant in Putzbrunn kann dagegen eine lange Zeit durchhalten, denn… es ist besser als die Alternativen.
Dank des Marketings, der Medien und unserer gesamten Kultur verbringen wir viel Zeit mit Vergleichen, bevor wir entscheiden, ob wir glücklich sind oder nicht.
Drehen Sie die Uhr nur 60 Jahre zurück. Wenn Sie 1958 gelebt hätten, wie würde Ihr Leben im Vergleich zu dem sein, das Sie jetzt leben? Nun, Sie…
- haben Zugang zu lebensrettenden Medikamenten, oft in bequemer Pillenform.
- können aus einem schier unendlichen Angebot an Unterhaltung wählen und sich so herrlich ablenken lassen.
- sind in der Lage, sich mit Menschen auf der ganzen Erde kostenlos per Knopfdruck zu verbinden.
- haben Zugriff auf einen Großteil des menschlichen Wissens.
- kontrollieren Ihren Fortpflanzungszyklus.
- können mit wenigen Klicks ganze Bürobestände auf den Weg bringen, riesige Tische oder Tresore liefern lassen oder DSGVOrbildlich schreddern ;-).
- können relativ schnell Sushi essen (bzw. haben überhaupt von Sushi gehört).
- haben die Möglichkeit, sich auf tausend Arten auszudrücken, die damals verboten waren…
Das alles in einer Lebenszeit wohlgemerkt. Aber wir vergleichen unser Leben leider nicht mit dieser imaginären Gegenüberstellung. Stattdessen hören wir zwei Dinge aus den Medien, mit denen wir uns dann beschäftigen:
- Andere Leute haben es besser, viel besser.
- Und es wird noch schlimmer: das, was wir jetzt haben, ist nicht so wahnsinnig gut. Aber wenn wir uns bloß entscheiden, für die Suche nach dem Glück nur ein bisschen zu investieren, dann können wir uns den Weg zu einem besseren Ergebnis erkaufen… Wollen uns zumindest die Marketingspezialisten glauben lassen.
Vergleiche führen zu einer Frustration, die manchmal zu Innovation führt. Meistens macht uns Frustration aber nicht glücklich. Sie frustriert nur.
Fazit: Wenn ein Vergleich Ihnen nicht hilft, dorthin zu gelangen, wo Sie hinwollen, ist es okay, ihn zu ignorieren.
Sehr schöner, differenzierter Artikel. Gefällt mir doch noch besser als der von 2012, auch wenn der schon viele richtige Ansätze hatte.
Heinrich, du treuer Leser! 🙂 Danke für das Kompliment!
Wenn ich 1958 gelebt hätte… dann hätte ich kein Handy und Co gehabt, vielleicht nicht mal ein Telefon. Und gestört hätte es mich auch nicht! Stattdessen hätte ich noch mehr Zeit im Garten verbracht. Mir hätte es gefallen, dass ich viel selbst machen muss und nicht alles kaufen kann…
Andere haben es besser und machen es besser – ich kenne so viele andere Mamas, die richtig fertig sind, weil die Mamas auf Instagram reisen, Ordnung zu Hause haben etc.
So richtig zum Punkt komm ich jetzt nicht, es ist einfach zu heiß!
Liebe Grüße, Anne
Lieber Micha, ich verstehe deinen Ansatz, doch ist der Vergleich mit „vor 60 Jahren“ nicht genau so wenig sinnvoll, wie deine aufgeführten Vergleiche zu anderen Menschen oder Gegebenheiten der Gegenwart…
Ich weiß nicht, ob ich dein Kommentar richtig verstanden habe (bitte korrigier mich, falls nicht). „Sinnvoll“ ist ja weit gefasst. Will ich eine neue Ziellinie erschaffen, kann ein Vergleich „nach oben“ durchaus sinnvoll und motivierend sein, so er denn realistisch ist (auch das mag wieder Definitionssache sein).
Wir können nicht umhin, uns mit anderen Menschen oder Zeiten zu vergleichen – ich glaube alleine schon, um einen Platz in der Welt zu bekommen (oder ihn zumindest als einen wahrzunehmen). Trotzdem ist es m.M. nach eine lohnenswerte Übung, sich das Vergleichen genau anzuschauen und zu überlegen, womit oder mit wem man sich vergleicht. Und vor allem: aus welchem Grund…