Im letzten Artikel ging es um 7 Lügen über Leidenschaft. Leidenschaft zu finden, also zu finden, was man liebt, ist meiner Meinung nach in allen Lebensbereichen wichtig.
Schon Steve Jobs sagte in seiner berühmten Stanford-Universitäts-Abschlussrede, dass der einzige Weg, großartige Arbeit zu leisten der wäre, zu lieben, was man tut.
Leichter gesagt als getan, denkt da der kritische Leser zurecht.
Trotz der zahlreichen Bücher über Glück und Wohlbefinden gibt es dazu natürlich keine Weltformel, denn jeder Mensch ist anders, hat andere Stärken, andere Bedürfnisse, andere Erwartungen an das Leben, an sich, an andere.
Dennoch gibt es Wege, die Wahrscheinlichkeit größer zu machen, das zu finden, was man liebt.
Ein Coaching-Kollege gab mir einmal eine schöne Frage mit, die Sie – zumindest für den Arbeitsbereich – ein großes Stück in die gewünschte Richtung bringen sollte:
Wenn Sie steuerfrei 3 Millionen Euro bekämen und Sie frei von finanziellen Sorgen sind, Sie aber nicht aufhören dürften, zu arbeiten – was würden Sie tun?
Viele Menschen hören diese Frage nicht zum ersten Mal und haben Gründe, trotzdem an ihren ungeliebten, ja teils sogar verhassten Jobs festzuhalten, Dinge auch außerhalb der Arbeitszeit zu tun, die sie – im Nachhinein betrachtet – eigentlich nicht hätten tun wollen und sich mit Menschen umgeben, die ihnen ebenfalls nicht gut tun und sie keinen Schritt weiterbringen in Richtung Leidenschaft.
Warum passiert das?
Gründe, warum wir nicht tun, was wir lieben
Meiner Meinung nach gibt es zwei Gründe dafür:
Grund Nr. 1: Sie wissen nicht, was Sie lieben.
Grund Nr. 2: Sie haben Angst zu tun, was Sie lieben.
Der Fakt, dass Sie herausfinden wollen, was Sie lieben (alleine, dass Sie diesen Artikel lesen, ist schon ein Hinweis darauf), ist bereits ein riesengroßer Schritt! Viele Menschen tun genau dies ihr gesamtes Leben nicht. Oder, wie es Henrik Ibsen treffend formuliert:
Viele Menschen sterben, ohne je gelebt zu haben. Zum Glück bemerken sie es nicht.
Zu finden, was man liebt und leidenschaftlich tut, ist meiner Meinung nach eine der wichtigsten Fragen des Lebens. Die Antwort(en) darauf extrem wichtig, um Energiequellen zu finden, den Spaß am Leben zu vergrößern und dem Leben zudem Sinn zu verleihen.
Nicht das zu tun, was Sie lieben hieße das zu tun, was andere Ihnen aufbürden, auferlegen. Es hieße, sich steuern zu lassen und nicht selbst das Steuer in der Hand zu haben.
Natürlich können Sie trotzdem ans Ziel gelangen. Gleich einer Mitfahrgelegenheit, bei der der Fahrer Sie dorthin bringt, wohin Sie für Ihr Geld möchten. Sie schlafen und legen Ihr Schicksal vertrauensvoll in die Hände eines (mehr oder weniger) fremden Menschen.
Wahrscheinlich kommen Sie an. Wie viel haben Sie jedoch von der Fahrt (Ihrem Leben) mitbekommen…? Haben Sie sich unterhalten und Neues lernen können? Haben Sie die Natur entlang der Strecke genossen? Haben Sie eine Freundschaft schließen können?
Naja, im Schlaf ans Ziel zu kommen, ist ja auch ganz schön…
Seine Leidenschaft zu finden heißt, Sinn zu finden
Ich kann Ihnen nicht den Sinn des Lebens erklären. Ich kann Sie nur ermutigen, sich auf den Weg zu machen und ihn zu suchen. Und ein wichtiger Wegweiser ist jener, nach Ihren Leidenschaften Ausschau zu halten.
Warum?
Weil Sie mit dem, was Sie gut können, leicht die Welt verändern und dabei auch noch das innere Glühen spüren können, das in Ihrem Kern bereits vorhanden ist.
Zu erkennen, was Sie glühen lässt, macht es einfacher zu wissen, was Sie mit Ihren Fähigkeiten, mit Ihrem Leben machen können. Und diese Fähigkeiten für etwas Gutes einzusetzen, für sich oder andere Menschen, das ergibt viel Sinn, finden Sie nicht?
Wie es sich bei allen Problemen verhält, verhält es sich auch bei der Suche und dem Finden von Leidenschaft: die Antwort liegt bereits in Ihnen.
Es ist nichts, was Sie durch Reisen aufdecken, durch religiöse Trance erfahren, durch einen Tutor oder Mentor gesagt bekommen müssen, weil es bereits in Ihnen vorhanden ist!
Sie können sich auf die Reise machen und in fremden Ländern und anderen Menschen Lösungen beschaffen und auch großartige Impulse bekommen. Es ist aber nicht nötig.
Sie schaffen das alleine.
Mit ein wenig Zeit für sich.
Ohne Ablenkung.
Anfangs wird die Antwort auf die Frage, was Sie lieben, wahrscheinlich „Ich weiß es nicht.“ sein. Und das ist völlig ok. Doch um von diesem „Ich weiß es nicht.“ zu einer konkreten Antworten zu kommen, gebe ich Ihnen ein paar Hilfen mit. Tricks, mit dem Sie Ihren Geist die Sporen geben, Ihnen bei der Antwort zu helfen.
Hilfe 1: Sie werden die Antwort ohne Zweifel finden.
Wie bereits geschrieben: Die Antwort ist schon da. In Ihnen. Bereits durch leidenschaftliche Taten bewiesen, durch flow-Erlebnisse verdeutlicht, durch Höhepunkte in Ihrem Leben herauskristallisiert.
Oft vergessen wir solche offensichtlichen Beweise. Oft nehmen wir sie überhaupt nicht bewusst wahr. Aber egal, aus welchen Gründen diese Leidenschaften nicht so präsent waren oder sind, wie sie es sein könnten: Sie finden die Antwort! Mit dieser Mentalität ist es nur eine Frage der Zeit.
Denn mit dieser Einstellung geben Sie Ihrem Unbewussten eine Aufgabe. Und Ihr Unbewusstes ist eine kraftvolle Hilfe! Es funktioniert so wie bei einem geplanten Urlaubsziel: Wenn Sie sich vorgenommen haben, Paris zu sehen, dann werden Sie zweifelsohne dort ankommen.
Sie finden einen Weg, denn alle Aktionen werden sich darauf fokussieren, Ihr Denken wird sich diesem Weg annehmen, diesem Ziel verschreiben und Sie werden Dinge wahrnehmen, die Ihr Unbewusstes vorher herausgefiltert hatte.
Paris = Finden, was Sie zu tun lieben, was Sie mit Leidenschaft füllt.
Hilfe 2: Die Fähigkeiten-Interessen-Liste
Eine immer gute Unterstützung ist eine Liste, auf der sowohl Ihre Fähigkeiten als auch Ihre Interessen stehen. Fertigen Sie zwei Spalten an und schreiben Sie es auf.
Der Prozess des Schreibens ist hier sehr wichtig, denn durch das Schreiben kommen teils unbewusste Antworten auf unsere Frage an die Oberfläche und fallen Ihnen während des Schreibens ein. Es werden neue Verbindungen sichtbar und es gelangt nach außen, was sonst nur in Ihrem Kopf war.
Fähigkeiten aufzuschreiben, fällt vielen Menschen schwer. Weil es nach Eigenlob aussieht. Ich denke, Eigenlob ertragen Sie in diesem Fall – schließlich geht es um die Dinge, die Sie lieben!
Schreiben Sie bitte unbewertet alles auf, was Ihnen einfällt. Wirklich alles. Spielen Sie den Sherlock Holmes für Ihre Stärken und beobachten Sie genau!
Ein Beispiel für eine dubiose Stärke: Ich habe einen guten Riecher, wann im Supermarkt neue Kassen eröffnet werden und stehe bei langen Einkaufsschlagen oft nur sehr kurz an, weil ich der Erste an der neuen Kasse bin. Ich weiß nicht, wo mir das noch nützlich sein wird, aber es ist eine Stärke. 😉
In die andere Spalte kommen Ihre Interessen. Auch hier gilt: keine Bewertungen („albern“, „unnütz“, „kindisch“…), sondern einfach aufschreiben. Interessieren Sie Fische? Als Horoskop oder als Tiere? Fußball? Oder die Nähte bei Fußbällen? Machen Sie gerne Scherze oder fasziniert Sie die Herstellung von Karnevalskostümen (wenn Sie sie gut basteln können, kommt das auf Ihre Stärkenseite!)?
Über welche Themen lesen Sie gerne Bücher? Über was reden Sie liebend gerne mit Freunden oder sogar Fremden?
Was haben Sie als Kind gerne gemacht und würden es immer noch gerne machen, wenn das nicht „nur was für Kinder“ wäre? Oder machen Sie sogar Dinge, die kindisch sind, ohne sich dabei zu schämen? (Stärke!)
Fragen Sie zudem gute Freunde von Ihnen, welche Stärken und Interessen Sie in und an Ihnen sehen. Sie werden überrascht sein, was alles von Ihren Liebsten zurück kommt!
Warum komme ich wieder auf Stärken zurück?
Weil Sie nutzen sollten, worin Sie stark sind. Weil das, worin Sie stark sind, Sie voran bringt, Ihnen höchstwahrscheinlich sehr viel Freude bereitet und mit der richtigen Mischung aus Anspruch und erforderlichem Fähigkeiten-Niveau etwas sein kann, das Sie leidenschaftlich tun (werden).
Vielleicht lassen sich Ihre Fähigkeiten und Interessen in einige wenige verdichten und zusammenfassen. Falls dem so ist, nehmen Sie das direkt mit zu Punkt 3.
Hilfe 3: Machen Sie es sich einfach. Nehmen Sie sich und Ihre Leidenschaft ernst.
Wenn wir nur die gleiche Zeit an Reflexion auf das richten würden, was wir im Leben wollen, wie auf die Frage, was wir mit zwei Wochen Urlaub machen, wären wir erschreckt von unseren falschen Maßstäben und dem ziellosen Schaffen unserer geschäftigen Tage.
–Dorothy Canfield Fisher
Diese Einsicht von Dorothy Canfield Fisher bewegt mich diese Tage stark und wird dies hoffentlich auch noch lange tun. Nicht nur, weil ich dieses Verhalten bei anderen erkenne, sondern auch, weil ich mich selbst ertappt fühle, mich häufig nicht wichtig genug zu nehmen.
Es ist schon eine Leistung, sich Zeit zum Lesen, zum Entspannen, zum Erholen zu nehmen. Wie schwer ist es dann erst, sich Zeit für Überlegungen zur eigenen Zukunft zu verschaffen? Und wie gruselig kann es sein, seine Zukunft selbst in die Hand zu nehmen… (Grund Nr. 2…)
Übrigens: haben Sie schon Ihre Fähigkeiten und Interessen aufgeschrieben? Falls nicht, frage ich Sie noch einmal: Wie wichtig nehmen Sie sich und Ihre Zukunft samt leidenschaftlicher Dinge? Tun Sie’s jetzt.
Verknüpfung der Hilfen
Um die sehr breite Frage „Was ist es, was ich zu tun liebe?“ konkreter zu gestalten, spezifizieren wir sie:
Was würde ich täglich lieben zu tun, das meine Fähigkeiten und Interessen nutzt, Sinn ergibt und anderen hilft?
Durch den letzten Zusatz in der Frage gelangen Sie nicht nur auf die Spur Ihrer ernsthaften Leidenschaft(en), sondern auch auf die, mit dieser Ihrer leidenschaftlichen Sache Geld zu verdienen. Denn Geld ist ein Nebenprodukt dessen, was Wert in Form einer Sache oder Dienstleistung für andere Menschen darstellt.
Auch hier: schreiben Sie Ihre Ideen auf! Neben Sie die Serviette vor sich, den Bierdeckel (warum lesen Sie meinen Artikel auch zwischendurch im Pub!? :), den Block, Ihren Computer – nicht Ihren Gedankenapparat!
Und: Bewerten Sie noch keine Ihrer Ideen!
Fokus, Fokus, Fokus.
Wer drei Hasen nachjagt, wird keinen fangen.
–Sprichwort aus Serbien.
Schauen Sie Ihre Liste an und wählen Sie die Idee, die Ihnen das beste Gefühl beschert. Vielleicht ist es auch eine Kombination aus mehreren Ideen. Wenn Sie das gefunden haben, was Ihnen ein herrlich flaues Gefühl im Magen verschafft, dann sind Sie richtig!
Wenn Sie nur das kleinste Fünkchen Zweifel in sich haben, dass dies nicht ihre Leidenschaft sein könnte, dann ist sie es nicht. Suchen Sie weiter. Sie sind nah dran.
Haben Sie keine Zweifel, ist Ihre Suche vorüber! Vor sich sehen Sie das, was Sie lieben zu tun. Täglich. Mit voller Kraft und Energie! Wie fühlt sich das an?
Und mit meinen letzten Sätzen möchte ich Ihnen eine weitere extrem wichtige Sache mit auf den Weg geben: Beginnen Sie innerhalb der nächsten 72 Stunden, zu handeln! Egal mit welchem kleinen Schritt, aber beginnen Sie! Dann wird aus einem kleinen Samen, den Sie säen, ganz schnell eine Reise nach Paris…
Fotos: DALL-E 2
Mein Lieber, genau das ist es. I agree! Und ich glaube, denke, weiss von mir selber, dass ich mich nicht (mehr) fremdbestimmen lasse. DANKE! Fuer diesen weisen Artikel.
"Viele Menschen sterben, ohne je gelebt zu haben. Zum Glück bemerken sie es nicht." Henrik Ibsen.
"Zu finden, was man liebt und leidenschaftlich tut, ist meiner Meinung nach eine der wichtigsten Fragen des Lebens. Die Antwort(en) darauf extrem wichtig, um Energiequellen zu finden, den Spaß am Leben zu vergrößern und dem Leben zudem Sinn zu verleihen.
Nicht das zu tun, was Sie lieben hieße das zu tun, was andere Ihnen aufbürden, auferlegen. Es hieße, sich steuern zu lassen und nicht selbst das Steuer in der Hand zu haben." Michael Tomoff.
Ein toller Artikel, Michael!
Ich würde gerne noch eine Ergänzung hinzufügen, die ich als sehr wertvoll empfunden habe:
Die Interessen- Fähigkeiten Liste wird nach meiner Erfahrung noch „gehaltvoller“ wenn man sich ein/e dritte/s Spalte/ Blatt zur Hand nimmt und hier alle ZIELE aufschreibt. Auch hier sollte man viel Zeit investieren. Dabei kann man sich an seinen Lebensbereichen orientieren (z.B. Beruf/ Karriere/ Finanzielles, soziale Kontakte, Beziehung, Famile, Gesundheit, sontiges… ).
Die Liste abzugleichen mit den Interessen und Fähigkeiten, bringt oft interessante Erkenntnisse:
– Was könnte ich bereits erreichen (Fähigkeit)?
– Stimmt das Ziel mit meinen Interessen überein?
… Wenn ja, was hält mich noch davon ab (Motivation, Erlaubnis?)
… Wenn nein, woher kommt dann ein Ziel (Fremdbestimmung oder anderes Bedürfnis dahinter?)?
Eine weitere Erkenntnis kommt, wenn man die Liste ein paar Monate/ Jahre später wieder hervorholt – und erstaut feststellt, dass man einiges schon in der Zwischenzeit erreicht hat. Es hat lediglich an der Achtsamkeit dafür gefehlt. Und genau da, denke ich, kann auch Leidenschaft entwickelt werden: Mit einem klaren Fokus, nicht nur auf Ziele und Ideen, von denen ich mir zukünftig viel verspreche, sondern auf das, was ich tagtäglich mache, damit mir auch die „kleinen Ziele zwischendurch“ nicht durch die Lappen gehen…
Eine Anmerkung noch: Ich weiß nicht, was du mit „religiöser Trance“ gemeint hast. Meiner Meinung nach ist Trance/ Meditation/ Achtsamkeitsübung eines der besten Mittel, um das Unterbewusstsein arbeiten zu lassen und somit Lösungen zu finden, die bereits in einem liegen.
Danke für den tollen Artikel, er hat mich wie man sehen kann stak zum Nachdenken angeregt 🙂
Liebe Grüße
Nico
Hallo Nico,
vielen Dank für deine ausführlichen Zeilen und die dahinter steckenden Gedanken!
Du hast vollkommen Recht: mit Zielen (oder besser noch: der Bedeutung, die hinter den Interessen steckt), lässt sich eine noch nachhaltigere und oft auch viel effektivere Arbeit mit der Leidenschaft erreichen.
Ich habe unter diesem Aspekt bewusst aber den Ziel- bzw. Leistungsaspekt weg gelassen, weil ich aus meinen bisherigen Erfahrungen weiß, dass alleine diese zwei Spalten schon einen großen Mehrwert bringen aber auch schon die Arbeit mit diesen zwei Spalten sehr intensiv sein kann. Viele Menschen haben ja noch nie eine solche Aufstellung gemacht. Da wären die Ziele nur Ablenkung. 🙂
Bezüglich „religiöser Trance“ hatte ich auf das Sich-selbst-Finden angespielt, dass ja oft mit dazugehörigen Seminaren oder Workshops verbunden wird. Ich bin aber ganz deiner Meinung, dass Meditation bzw. Achtsamkeitsübungen eine wunderbare Möglichkeit sind, Dinge „hoch kommen“ zu lassen.
Bleib dran, Nico, und noch einmal vielen Dank für deinen Impuls!
Ich habe eine ehemalige Kollegin, in deren Unterschrift unter Emails schon immer zu lesen ist „Do what you enjoy, enjoy what you do“.
Ich glaube, das ist die Essenz dessen, was ich hier bei Dir gelesen habe, Michael. Ich mache gerade erst die ersten vorsichtigen Schritte auf diesem Weg und bin sehr gespannt, wohin er mich führen wird …