Wer möchte nicht gerne Superkräfte haben? Ich gebe es zu: Ich bin ein Fan von Superhelden. Egal, ob schnelle Reflexe, Bärenkraft, die Fähigkeit zu fliegen oder das Lesen fremder Gedanken – ich werde von Wesen mit übernatürlichen Kräften und ihren Geschichten angezogen wie eine Motte vom Licht.

Und zwar nicht erst, seit Spiderman und Co. die Kinos erobert haben. Ich bin von Kindesbeinen fasziniert von dem, was nicht alltäglich zu sehen ist, was hinter einer zweiten, geheimen Identität verborgen wird.

Warum sind Superkräfte so faszinierend?

Ein Grund ist sicherlich die nie sterbende Hoffnung, dass es wirklich solche Menschen gibt. Menschen, die in etwas so gut sind, dass man von Superkräften sprechen könnte. (Ganz “normale”) Superhelden, die ihre Kräfte im besten Fall sogar für das Gute einsetzen.

Ein zweiter Grund mag die Neugier am Menschen sein. Und nicht nur an jenen mit Kräften. Auch die Menschen interessieren mich, die mit diesen außergewöhnlichen Fähigkeiten beobachtet, beeinflusst oder beeindruckt werden könnten.

Ein dritter ist der schiere Spaß an den kreativen Möglichkeiten, die sich durch den Besitz einer solchen Superkraft ergeben. Egal, welche es ist.

Welche Superkräfte hätten Sie gerne?

Die Liste fantastischer Fähigkeiten ist unbegrenzt und der Stoff vieler unglaublicher aber auch mitreißender Geschichten, die nicht nur viel Geld in die Kassen spülen, sondern auch so manches Kinderherz haben höher schlagen lassen.

Sicherlich haben Sie sich auch schon mal die Frage gestellt: “Welche Fähigkeit würde ich nehmen, hätte ich nur einen Wunsch frei?”

Wären Sie gerne Telepath (Gedankenleser)? Oder doch lieber Hellseher? Unsichtbar? Unverwundbar oder schnell heilend? Schnell wie der Blitz oder stark wie ein Riese? Ausgestattet mit der Kontrolle über Raum und Zeit oder gar über die Gedanken der anderen? Oder hätten Sie gerne den Babelfisch im Ohr und würden als Omnilingualist jede Sprache verstehend durch die Welt wandern?

Überlegen Sie doch mal kurz, welche Superkräfte Sie gerne hätten.
(Zwei schöne und ausführliche Übersichten über Superkräfte sind die der Figuren in der Serie “Heroes” und die englische Superhelden-Datenbank)

So schwer die Entscheidung sein mag, so interessant ist die anschließende Frage, warum Sie sich gerade für diese Kraft entschieden haben!

Was hätte Ihre neue Fähigkeit für Auswirkungen? Würden Sie sie für das “Gute” nutzen (als Unsichtbarer Verbrechen verhindern) oder Ihren heimlichen, sozial unerwünschten Bedürfnissen nachgehen (Mäuschen in der Ecke sein und bei anderen unsichtbar im Raum verweilen)?

Welche Bedürfnisse würden mit dieser Fähigkeit befriedigt werden? Steckt hinter dem Wunsch zum Gedankenlesen vielleicht das Bedürfnis, andere besser zu verstehen? Die Wahrheit zu erfahren? Oder eher das Bedürfnis nach Sicherheit, immer das Notwendige sagen zu können, um Ihren Gesprächspartner von etwas zu überzeugen bzw. auf jede Frage eine richtige Antwort zu haben?

Hier ist eine Liste von Bedürfnissen hinter Superkräften, die frei zugänglich, editierbar und ebenfalls noch im Wachstum begriffen ist. Vielleicht fällt ihnen ja auch noch etwas Pfiffiges ein!

Was haben Superhelden mit Positiver Psychologie zu tun?

Es gibt tatsächlich eine Wissenschaft hinter verborgenen, heimlichen Identitäten! Dazu muss man kein Superheld sein, denn jeder von uns hat geheime “Ausbuchtungen” seines Selbst, die er möglicherweise bewusst oder auch unbewusst nicht mit anderen teilt.

Wenn Sie sich ein Ziel gesetzt haben und darauf hinarbeiten, hilft es durchaus, eine versteckte Identität zu erschaffen – und nicht nur, weil es Spaß macht! Eine geheime Identität enthüllt die heroischen Qualitäten in Ihnen, die es Ihnen ermöglicht, Ihre ganz großen Siege zu erzielen.

Heldenhafte Qualitäten können beispielsweise einen Sinn, eine Bestimmung, Hoffnung, Kreativität, Teamarbeit oder auch Mut beinhalten – hilfreiche und möglicherweise häufig unterrepräsentierte Fähigkeiten in Ihrem Portfolio.

In jeder heroischen Erzählung aus Film und Fernsehen, Comicbüchern, der Mythologie, Videospielen, Literatur, Religion oder sogar der Geschichte werden Sie diese Art von Fähigkeiten, denn sie sind das Salz in der Suppe, die Spannung in einem sonst tristen Plot und die Ressource, um etwas Großes zu vollbringen.
Nicht nur in der Fiktion.

Der Schlüssel für das eigene, reale Leben ist folgender: wählen Sie eine Erzählung aus, die Sie wirklich inspiriert. Und zwar so, dass Sie diese Geschichte  anpassen können an eine heroische über die eigenen Ziele und die noch kommenden und zu erzählenden Abenteuer.

Es macht schlichtweg einen Unterschied, ob Sie über Ihren Chef mosern, zu Hause über Rückschläge motzen, über unfaire Behandlung klagen und nur noch Dienst nach Vorschrift verrichten oder, ob Sie Ihre geheime Identität bewahren wollen und sich mit den alltäglichen Strapazen Ihres öffentlichen Selbst abrackern, es aber natürlich im Dienste der Menschheit tun, an etwas Größerem (noch größer als Ihr Chef!) dran sind und wissen, dass Sie es mit Ihren vielfältigen Kräften nur schaffen können!

Michael Tomoff - Was Wäre Wenn - Superhelden

Warum ist eine heldenhafte Geschichte so wichtig?

Wissenschaftler haben entdeckt, dass eine heroische Geschichte, die man über sich selbst erzählt, von einer herausfordernden Erfahrung zu einer transformierenden werden kann. Dies gilt insbesondere dann, wenn Sie Ihre Heldengeschichte anderen erzählen.

Indem Sie lernen, sich auf Ihre eigenen heroischen Qualitäten zu konzentrieren, sie anderen aufzeigen und offenbaren, können Sie das am eigenen Körper erleben, was Forscher posttraumatisches Wachstum nennen.

Posttraumatisches Wachstum zeigt sich anhand einer Reihe von dramatischen, positiven Veränderungen, die als eine direkte Folge von der Auseinandersetzung mit einer (oder mehreren) extremen Herausforderung(en) auftreten.

Anstatt durch im Weg stehende Hindernisse zu schrumpfen, schwächer oder gar psychisch krank zu werden (das wäre bei einer posttraumatischen Belastungsstörung z.B. der Fall), können wir stärker werden und enormes emotionales Wachstum zeigen (siehe dazu z.B. auch Linley & Joseph, 2004).

Die meisten von uns werden eine Variation von hoch stressenden psychologischen Reaktionen haben, wenn wir uns schwierigen Verlusten oder großem Leiden gegenübersehen. Das ist ganz natürlich. Auch Menschen, die posttraumatisches Wachstum erleben, sind nicht frei von diesem Leiden.

Traumatische Erfahrungen sind eine Voraussetzung für dieses Wachstum; das heißt aber nicht, dass sie per sé gut sind. Für die meisten Menschen sind Krisen unausweichlich und es besteht keine Wahl zwischen Leiden und Wachstum einerseits oder Stillstand und kein Leiden auf der anderen Seite.

Posttramatisches Wachstum ist zudem nicht universal. Es ist sogar unüblich. Trotzdem wird die Wahrscheinlichkeit durch eine eigene Heldenfigur in Ihrem Leben vergrößert.

Wie funktioniert das?

Posttraumatisches Wachstum hat nicht nur den Effekt, dass Sie sich emotional stärker fühlen; es macht auch Ihren Körper stärker! Die Forschung zeigt, dass eine heroische Geschichte über jede Verletzung oder Krankheit Stresshormone in Ihrem Körper verringert, was wiederum Ihre Erholung beschleunigt und die Chance auf positive gesundheitliche Ergebnisse erhöht.

Aber auch ohne traumatische Erlebnisse ist eine Heldengeschichte nützlich. Sie stärkt nicht nur Ihre emotionale Festigkeit, sondern ebenfalls die sozialen Verbindungen mit Freunden und Familie (Achor, 2013). Indem Sie ihnen Ihre Geschichte erzählen, werden Ihre Ziele und Herausforderungen verständlicher und deutlicher.

Ihre Heldengeschichte beleuchtet zudem Ihre Stärken – so können Ihre Freunde und Familie jeden Tag dabei helfen, diese Stärken auszubauen und zu nutzen. Da Freunde und Familie in Ihr Leben involviert sind, übernehmen sie ebenfalls bestimmte Rollen in Ihrem Abenteuer und lernen wiederum mehr über ihre eigenen Stärken und die diese auszubauen. Hunderte von wissenschaftlichen Studien haben gezeigt, dass diese Art von starker sozialer Unterstützung dabei behilflich ist, jedes gesundheitliche Ziel zu erreichen (siehe z.B.Tedeschi & Kilmer, 2005).

Was ist mit den anderen Superhelden?

Neue Forschungsergebnisse legen nahe, dass unsere heroischen Qualitäten sogar ansteckend sind. Freunde und Familie werden alleine durch das Hören unserer Heldengeschichten und die aktive Teilnahme in diesen Abenteuern (z.B. durch das Mitfiebern oder das Schaffen von Metaphern, die vom Abenteuer wiederum auf den Alltag übertragen werden und beim Lösen von Problemen helfen können).

So wird schnell aus einem Solo-Abenteuer ein Multiplayer-Rollenspiel, das mehr Parallelen zur (stärkenorientierten) Wirklichkeit hat, als Sie vorher möglicherweise geahnt haben…

Beste Grüße und viel Spaß beim Kreieren Ihrer neuen Identität!
Captain Tomoff

 

Literatur

Achor, Shawn. (2013). Before Happiness. New York: Crown Business.

Linley, P. A., & Joseph, S. (2004). Positive change following trauma and adversity: A review. Journal of traumatic stress, 17(1), 11-21.

Tedeschi, R. G., & Kilmer, R. P. (2005). Assessing Strengths, Resilience, and Growth to Guide Clinical Interventions. Professional Psychology: Research and Practice, 36(3), 230.