In diesem Artikel präsentieren wir Ihnen fundierte Erkenntnisse aus der Forschung sowie eine praktische und sehr effektive Methode, wie Sie Dankbarkeit in Ihren Alltag integrieren können.

Dies ist ein Artikel aus der Serie Zum Glück – kugelsichere Übungen zur Steigerung des Wohlbefindens.

Unser Gehirn hat glücklicherweise die Tendenz, belastende Dinge kleiner und weniger belastend in unserer Erinnerung zu gestalten.

Bei einer Südostasien-Tour am ersten Tag in Indien ausgeraubt zu werden, war für mich verstörend und ließ mich für geraume Zeit an den Menschen zweifeln und in jedem einen Dieb sehen. Unfair gegenüber den zwei, drei anderen Indern, die noch in diesem großen Land wohnten, aber irgendwie menschlich.

Im Nachhinein ist es eine der Geschichten, die ich am liebsten zum Besten gebe.

Speziell die Zukunft sieht für den Großteil der Menschheit düster aus. Aber am Ende war alles häufig halb so schlimm wie erwartet.

Trotzdem denken wir – gerade im Kontext der Arbeit – viel öfter darüber nach, was falsch und schlecht läuft, wo wir uns verbessern könnten oder vielleicht sogar sollten.

Wir sehen überall Defizite und vergleichen uns gerne mit denen, die besser sind. Und es hat auch einen guten Grund, warum wir nicht automatisch unsere Dankbarkeit über das Leben niederschreiben.

Vorsichtig ist der Elefant im Porzellanladen

Unsere Vorfahren, die lieber im Sonnenschein den summenden Bienen nachhingen und sich die Sonne auf den Bauch scheinen ließen, statt sich auf den harten Winter oder einen Krieg mit dem Nachbarstamm vorzubereiten, haben es nicht geschafft, zu überleben.

Die Nachkommen der Umsichtigen hingegen, die stets auf Gefahren und Katastrophen vorbereitet waren, finden Sie heute neben sich in der Bahn, am Arbeitsplatz und im Café. Und bemerkenswerterweise hat jeder von ihnen eine Geschichte, die ihr achtsames Verhalten auch in der heutigen Zeit rechtfertigt. Dankbarkeit sollte jedem dieser Menschen inne sein!

Natürlich ist es oft auch sinnvoll, seine Fehler zu analysieren und zu schauen, wie es beim nächsten Mal besser geht („Fehler“ sind gleichzeitig auch „Helfer“). Wachstumsschmerzen sagte der Arzt zu uns Kindern damals.

Allein die Dosis macht das Gift.
–Paracelsus

Aber irgendwann ist es genug mit dem Schwelgen über die Fehler und die schlechten Dinge im Leben. Zu viel ist Gift und führt häufig zu Angstzuständen und Depression (nach Berechnungen des Statistischen Bundesamtes betrugen die Krankheitskosten durch Depressionen 2020 rund 431.805 Milliarden Euro!).

Das ist eine stolze Summe, interessiert aber die betroffenen Kranken herzlich wenig.

Um sich nicht den Kopf über „Was ist denn zu viel?“ zu zubrechen, sondern dieser auf das Negative fokussierenden Tendenz unseres Gehirns etwas entgegen zu setzen, gibt es eine wunderbare Übung, die sich genau mit dem beschäftigt, was gut läuft.

Michael Tomoff - Was Wäre Wenn - Positive Psychologie und Coaching - Dankbarkeit

Festhalten der Dankbarkeit

Materialien: Stift und Papier neben ihrem Bett. Für die iPhone-Besitzer kann ich auch die wunderbare App GridDiary empfehlen.

Dauer: 10 Minuten pro Tag.

Durchführung: Nehmen Sie sich für die nächste Woche jeden Abend 10 Minuten vor dem Zubettgehen, in denen Sie die drei Dinge aufschreiben, für die Sie dankbar sind. Und auch die Gründe dafür.

Schreiben Sie diese kurzen Stichworte in ein Tagebuch oder in Ihren Computer. Wichtig ist nur, dass Sie diese Dinge physisch festhalten und später noch darauf zurückgreifen können.

Es brauchen keine weltbewegenden Dinge sein. „Meine Frau hat mir doch noch einen Zupfkuchen-Joghurt übrig gelassen.“ ist genauso ‚richtig‘ wie „Ich habe heute meinen Job gekündigt!“

Im zweiten Schritt schreiben Sie bitte auf, warum das gute Ereignis stattgefunden hat. „Weil meine Frau weiß, wie sehr ich Zupfkuchen-Joghurt mag und das dieses Mal nicht vergessen hat.“ oder auch „Weil ich meine Leidenschaft und den Mut für diesen Schritt gefunden habe!“

Die Gründe aufzuschreiben, fühlte sich anfangs zumindest für mich seltsam an. Weil ich es nicht gewohnt bin, gute Ereignisse mit mir oder meinem Einfluss in Verbindung zu bringen. Weil ich gelernt habe, dass „Eigenlob stinkt“.

Behalten Sie aber diesen zweiten Teil der Übung auf jeden Fall bei. Man gewöhnt sich sehr schnell daran. Und die Chancen stehen gut, dass Sie es nach einer Woche nicht mehr sein lassen können.

Erkenntnisse aus der Was-lief-gut-Übung der Dankbarkeit

Ich habe diese Übung zuerst ohne das Festhalten der Gründe und auch nur mit einer guten Sache pro Tag begonnen und selbst an vermeintlich schlechten Tagen immer noch positive Ereignisse aufschreiben können. Das war (und ist immer noch) eine sehr stärkende Erkenntnis, die mich ebenfalls mit Dankbarkeit einschlafen lässt.

Als ich anfing, drei schöne Erlebnisse festzuhalten, verschob sich mein Fokus automatisch auch auf meine Dankbarkeit über kleinere Dinge.

Das Lächeln eines Kindes, das unter dem Arm seiner Mutter hervor schaut.
Ein Anruf eines Freundes.
Das nette Gespräch beim Mittagessen mit einer Kollegin.
Die Dankbarkeit über die Dankbarkeit einer meiner Freunde.

Und das Schöne: Ich merkte nach einer Zeit schon während des Tages, wann etwas für Sie Schönes passiert. Und das wiederum beeinflusst den Rest des Tages ebenfalls in entscheidend positiver Weise.

Eine interessante Erkenntnis aus der Forschung zum Schluss: die Forscher um Sonja Lyubormirsky (Lyubomirsky, Sheldon, Schkade, 2005) fanden heraus, dass der Gewinn dieser Übung stärker ist, wenn man sie nur einmal pro Woche ausführt, z.B. am Sonntagabend.

Ein Grund dafür wird in der Langeweile vermutet, die einige der Probanden nach einer Weile des Ausführens gehabt haben könnten.

Ich für meinen Teil habe jedoch die Erfahrung gemacht, dass das tägliche Aufschreiben meiner Dankbarkeit mir Routine bringt, einen Rhythmus und den genannten Fokus auf die positiven Dinge.

Aber das Herausfinden, was für Sie am besten funktioniert, überlasse ich Ihnen… Gutes Gelingen!

Der nächste Artikel in der Reihe Zum Glück – kugelsichere Übungen zur Steigerung des Wohlbefindens ist ein Nachruf der etwas anderen Art.

Foto: Zitona bei flickr

Literatur

Lyubomirsky, S., Sheldon, K. M., & Schkade, D. (2005). Pursuing happiness: the architecture of sustainable change. Review of general psychology, 9(2), 111.