Der Dankbarkeitsbrief ist ein Artikel aus der Serie Zum Glück – kugelsichere Übungen zur Steigerung des Wohlbefindens.
Es gibt Tage, an denen passiert etwas unerwartet Schönes, jemand ist großzügig oder hilfsbereit – ohne Grund oder alleine aus seiner Liebe am Leben oder der Freude, jemandem etwas Gutes zu tun. Das warme Gefühl, dass sich nach der Verwunderung bei uns (hoffentlich) einstellt, ist Dankbarkeit.
Dankbarkeit ist in der Positiven Psychologie eine Meta-Strategie für das Erreichen größeren Wohlbefindens. Dankbarkeit kommt in den verschiedensten Facetten einher.
Sie ist das Wundern, das Würdigen.
Dankbarkeit ist auch das Aufstehen nach einem Rückschlag und das Suchen des Guten darin.
Sie ist das Ergründen des Reichtums um uns herum (und dessen Zählen) und diesen nicht als gegeben zu sehen, sondern ihn zu genießen und wertzuschätzen.
Dankbarkeit ist der Fokus auf das Jetzt, das Bewusstwerden dessen, was man in diesem Moment hat und wie man dorthin gekommen ist.
Dankbarkeit kann auch heißen, jemandem für etwas Danke zu sagen.
Wann ist Dankbarkeit für ein Geschenk, eine Geste oder Wohltat am größten? Wenn sie nicht verpflichtend ist und jemand erwartet, dass man danke sagt und sich erkenntlich zeigt. Natürlich kann man auch dankbar sein für Dinge, die nicht direkt von anderen kommen.
Warum sollte man über solche Dinge oder Personen nachdenken?
Warum macht die einfache Übung, darüber nachzudenken, für was oder wen man dankbar ist, solch einen großen Unterschied im Leben?
- Weil man sich dadurch – ganz im Sinne der Positiven Psychologie – an die schönen Dinge im Leben erinnert und nicht – wie das unser Gehirn bevorzugt – an die schlechten.
- Weil es die Perspektive verändert und ärgerliche oder vermeintlich schlechte Dinge in gute verwandelt.
Die Arbeit war heute blöd? Wie wäre es mit Dankbarkeit darüber, Arbeit zu haben?
Es gibt wieder ein Problem zu Hause mit Ihrem Partner? Viele Menschen würden eine Menge dafür geben, überhaupt jemanden zu haben, der sich Zeit nimmt zum Streiten oder Meinungsaustausch. - Weil man sich erinnert, was wirklich wichtig ist. Meistens sind die Dinge oder die Personen, für die man wirklich dankbar ist, auch die, die eine große Rolle im Leben spielen. Es ist schwer, sich über einen langsamen Alten vor sich auf dem Fußweg zu ärgern, wenn man dankbar dafür ist, gesund und jung zu sein.
- Weil man sich erinnert, was andere für einen getan haben. Ob Sie sich bei einem alten Mentor für seine/ihre Hilfe bedanken, sich bei Ihrem Kind für schöne Momente oder sich selbst die wunderbaren Dinge vor Augen holen, die momentan präsent sind – Dankbarkeit stärkt das Band zwischen sich und der Person und macht eine erneute Kontaktaufnahme oder eine eigene gute Tat sehr wahrscheinlich.
Warum sollte man Dankbarkeit zeigen?
Sich bei jemandem für etwas zu bedanken, macht oft nicht nur im Leben des anderen einen Unterschied. Es verändert auch das eigene Leben. Es zeigt echte Wertschätzung. Das auzusprechen und damit transparent zu machen, ist großartig.
Das Schöne ist: es kostet kaum Zeit. Und jemand anderen glücklich zu machen, erhöht das eigene Glücksempfinden und dazu die Güte der Beziehung zu dieser anderen Person.
Dankbarkeit ist der Maßstab für die Kultur des Herzens.
–Sprichwort
Warum sind Sie trotzdem viel zu selten dankbar?
Ich habe als Kind gelernt, immer bitte und danke zu sagen, wenn ich etwas geschenkt bekam. Es ging dabei nicht darum, echte Erkenntlichkeit zu zeigen, sondern war vielmehr eine Höflichkeitsform, die gute Erziehung zeigte und den Preis oder die Mühe eines Geschenkes wertschätzen sollte.
Manchmal fiel es mir deshalb schwer, mich zu bedanken, weil ich mir etwas anderes gewünscht hatte.
Heute nehmen wir uns oft nicht die Zeit für ein Danke. Oder wir registrieren die Situation nicht, in der ein Danke gut tun würde und verpassen den Moment. Vielleicht fehlt der Mut zum Danksagen oder -zeigen.
Echte Dankbarkeit für etwas zu empfinden, muss nicht durch die Eltern gelehrt werden. Sie zeigt sich durch ein strahlend offenes Lächeln, durch Sprachlosigkeit, Freudentränen. Und sie kommt von innen.
Anfangs kostet es Überwindung. Besonders im Nachhinein für etwas zu danken, das in der Vergangenheit liegt. Meiner Meinung nach gibt es dabei jedoch kein „zu spät“ und selbst danach ausgesprochene Dankbarkeit kann gewichtiger sein als ein zeitnahes aber nur dahin gesprochenes Danke.
Und das führt mich zur heutigen Übung. Der Dankbarkeitsbrief ist nur eine von vielen Möglichkeiten, Dankbarkeit auszudrücken. Sie ist aber eine der Übungen mit den stärksten Auswirkungen auf Ihre Zufriedenheit.
Der Dankbarkeitsbrief
Materialien: Stift und Papier.
Dauer: 15 Minuten.
Durchführung: Schließen Sie die Augen. Denken Sie an jemanden, der vor Jahren etwas getan hat, das Sie zum Besseren verändert hat. An jemanden, dem Sie dafür noch nicht richtig gedankt haben und den Sie in den nächsten Tagen oder Wochen persönlich treffen können.
Schreiben Sie nun einen Brief an diese Person. Konkret über die Sache, für die Sie dankbar sind. Schreiben Sie nicht mehr als 300 Wörter und seien Sie spezifisch: Was genau hat derjenige für Sie getan? Was hat sich dadurch in Ihrem Leben verändert?
Schreiben Sie auf, wie oft Sie daran denken müssen und wie schön diese Geste, diese Gabe für Sie war und immer noch ist.
Sobald Sie den Dankbarkeitsbrief fertig geschrieben haben, rufen oder mailen Sie diese Person an und sagen ihr, dass Sie sie gerne besuchen würden. Bleiben Sie hier sehr vage und lassen Sie sich Ihren Plan nicht entlocken. Es ist ein viel größerer Spaß, wenn es überraschend bleibt.
Wenn Sie die Person dann treffen, nehmen Sie sich Zeit zum Vorlesen des Dankbarkeitsbrief. Das ist das erste möglicherweise Mal seltsam. Ziehen Sie es dennoch durch, lassen Sie sich nicht unterbrechen und bitten Sie die Person um die drei Minuten Geduld.
Wenn Sie es nicht schaffen, diese Person zu treffen, weil sie zu weit entfernt oder länger nicht erreichbar ist, dann lesen Sie ihr diesen Brief am Telefon vor, schicken ihr eine Sprachnachricht, nur diesen Brief oder eine Email.
Wissenschaftliche Erkenntnisse zeigen sogar, dass alleine das Schreiben des Briefes, ohne ihn jemals abzugeben oder abzuschicken, einen großen Glücksschub gibt (Lyubomirsky et al., 2011)!
Hier dazu ein tolles Video (in Englisch), dass dieses Experiment nicht nur auf wundervolle Art und Weise zeigt, sondern auch gleichzeitig Lust macht, zumindest die Telefonvariante auszuprobieren!
Also steht Ihnen auch keine Distanz im Wege, wenn Sie den Dankbarkeitsbrief testen möchten. Den größten Nutzen erzielen Sie allerdings durch die persönliche Übergabe. Für beide Seiten.
Egal welche dieser Varianten Sie wählen: Ich verspreche Ihnen schon jetzt, dass es zu Tränen, mindestens aber zu einem ganz anderen Start in das Wiedersehen oder Wiederhören führen wird.
Belege, dass der Dankbarkeitsbrief funktioniert
Seligman, M. E., Steen, T. A., Park, N., & Peterson, C. (2005). Positive psychology progress: empirical validation of interventions. American Psychologist, 60(5), 410.
Als Forscher fünf Übungen testeten, schnitt der Dankbarkeitsbesuch mit dem größten positiven Effekt ab. Weiterhin zeigte eine Studie von Jeffrey Froh (2009), dass Erwachsene, die normalerweise keine positiven Emotionen erfahren, zwei Monate später einen signifikanten Boost diesbezüglich erlebten.
Einige Forscher schlagen vor, den Dankbarkeitsbesuch alle paar Wochen zu wiederholen, da das Happiness-Level bereits sechs Monate nach der Übung wieder auf das vorherige Level gefallen ist.
Warum er funktioniert
Der Dankbarkeitsbrief bestärkt die positiven Dinge in Ihrem Leben und erinnert Sie daran, wie sich andere um Sie gekümmert haben. Das Leben scheint weniger trostlos und einsam, wenn andere solch ein unterstützendes Interesse an uns haben (hatten). Den Gebenden zu besuchen hilft Ihnen, die Beziehung zu ihm oder ihr zu stärken und sich daran zu erinnern, wie andere Sie als Menschen schätzen.
Mehr praktische Möglichkeiten zur Steigerung Ihres Wohlbefindens finden Sie auf der Seite Zum Glück – kugelsichere Übungen zur Steigerung des Wohlbefindens.
Sei dankbar, dass du nicht alles hast was du dir wünschst.
Was würde sonst noch bleiben, um vorwärts zu schauen?
Sei dankbar, dass du nicht alles weißt,
weil du dadurch die Gelegenheit bekommst, zu lernen.
Sei dankbar für schwierige Zeiten.
Während dieser Zeiten kannst du innerlich wachsen.
Sei dankbar für deine Grenzen,
weil sie dir die Gelegenheit geben, Fortschritte zu machen.
Sei dankbar für jede neue Herausforderung,
weil sie deine Stärke und deinen Charakter bilden.
Sei dankbar für deine Fehler,
denn sie verschaffen dir wertvolle Lektionen.
Sei dankbar, wenn du müde und erschöpft bist,
denn du bekommst dadurch die Gelegenheit, auf deinen Körper zu hören.
Es ist einfach, dankbar zu sein für die guten Seiten.
Ein reich erfülltes Leben haben aber nur diejenigen,
welche auch dankbar sind für Rückschläge und Fehler.
Dankbarkeit kann Negatives in Positives umwandeln.
Finde deinen Weg, um dankbar zu sein für deine Probleme.
Dann werden sie für dich zum Segen.
Autor unbekannt
Foto: Eflon
Lieber Micha,
wie wunderschön, das alles hier zu lesen :-).
DANKE dass Du Deine schönen Gedanken und Erkenntnisse hier so einfach zugänglich machst, da freue ich mich sehr darüber!
Herzliche Grüße
Kerstin
P.S. Das kleine Dankbarkeitsgebet gefällt mir übrigens ganz besonders gut 🙂
Ist mir eine Freude! Um so mehr, wenn du dadurch auch noch Impulse bekommst (nicht, dass das noch nötig wäre! ;).
Viel Spaß weiterhin und österliche Grüße
Micha
Meinen ersten Dankbarkeitsbrief habe ich an meine Eltern geschrieben. Das Schreiben an sich war bei mir sehr emotional, ich habe Rotz und Wasser geheult. Einfach weil ich so eine tiefe Dankbarkeit dafür empfunden habe, was meine Eltern schon alles für mich getan haben und auch tun 🙂 Es war so schön, das alles mal los zu werden. Klar sagt man oft „Danke“, aber so richtig tiefgründig „Danke“, naja….Am Sonntag habe ich dann meinen Brief auf die Reise geschickt. Und war sehr gespannt, wann er wohl ankommen wird. Gestern hatte ich dann eine Nachricht auf meinem Handy, in der meine Mama sich für beide für den tollen Brief bedankt hat. Passend war, dass ich gleich danach auch zu meinen Eltern zum Abendessen gefahren bin. Auf dem Weg dort hin habe ich mich schon voll gefreut. Als ich bei Ihnen ankam, war es einfach nur schön beide in die Arme schließen zu können. Meine Mama meinte: „Das ist echt voll süß von dir“. Mein Papa ist kein Mensch der großen Worte, aber der Blick von beiden hat eigentlich schon alles gesagt. Wundervoll <3
Und diese Blicke sind ja auch etwas, was einem noch lange im Gedächtnis bleiben wird, oder, liebe Katharina? 😉
Definitiv ja 🙂
Zwischen meiner Mutter und mir war und ist nicht immer alles eitel Sonnenschein. Umso wichtiger war es mir, ihr einmal ausdrücklich zu danken für einige der Dinge, die sie gut gemacht hat. Exemplarisch habe ich ihr gedankt für all die Wäsche, die sie in meiner Kindheit für mich gewaschen hat, für all die Pausenbrote, die sie mir geschmiert hat und für all die warmen Mahlzeiten, die sie für mich gekocht hat.
„Das war doch alles selbstverständlich“, entgegnete meine Mutter am Telefon zunächst. Deshalb habe ich ihr auch noch für die schönen Fastnachtskostüme gedankt, die sie für mich genäht hat. Da hatte meine Mutter nichts einzuwenden und wir haben in Erinnerungen geschwelgt.
Meine Mutter hat sich sehr über meine späte Danksagung gefreut und es ergab sich ein sehr schönes, entspanntes Telefonat.
Mein Fazit:
1. Auch wenn es Einiges zu meckern gibt, gibt es doch häufig auch viel, wofür man dankbar sein kann.
2. Dankbarkeit zu zeigen, macht dem Empfänger große Freude.
3. Dankbarkeit zu äußern und die Freude beim Empfänger zu erleben, wärmt ungemein von innen und zaubert ein Lächeln ins Gesicht.
Was für ein tolles Fazit, liebe Monika! Und ich freue mich total für dich, dass dein Brief ein so schönes Telefonat nach sich gezogen hat! 🙂
Mein zweiter Dankbarkeitsbrief fiel mir echt schwer zu schreiben, nicht weil es mir schwer fiel „Danke“ zu sagen, sondern weil ich es schwer fand meine ganzen Gedanken, die mir so im Kopf herum schwirrten, in diesen Brief zu packen 😉 Bis er so war, wie ich ihn haben wollte, habe ich ihn 4x neu geschrieben 😃 Es war mir halt echt wichtig! Das hat sich aber mehr als gelohnt. Für mich hat sich wieder einmal bewährt, dass wenn es sich im Herzen richtig anfühlt, es das meistens auch ist. Als Antwort habe ich nämlich einen wunderschönen Brief zurück erhalten, über den ich mich sehr gefreut habe und den ich jetzt schon mehrmals gelesen habe und der mir jedes Mal wieder ein breites Grinsen aufs Gesicht zaubert. Auch jetzt gerade wieder nur beim bloßen Gedanken daran 🙂
Auch einen dritten Dankbarkeitsbrief habe ich geschrieben, dieser ging an eine sehr gute Freundin. Ich habe mich mit ihr Mittags zum Essen getroffen, da ich an diesem Tag frei hatte. Nach dem Essen habe ich ihr dann den Brief gegeben und sie hat ihn auch sofort geöffnet und angefangen zu lesen. Mir hat so unglaublich das Herz geklopft, weil ich so gespannt auf ihre Reaktion war. Ihre Reaktion war sehr emotional. Ende vom Lied war, dass wir beide vor Freude weinend mitten im Restaurant saßen. Im Nachhinein betrachtet war es vielleicht nicht die klügste Idee den Brief da zu übergeben, aber ich habe auch nicht damit gerechnet, dass es soooooo emotional wird 😉 Aber es war uns in diesem Moment auch sowas von egal… Sie meinte sowas Schönes hat sie noch nie bekommen und dieser Brief wird einen ganz besonderen Platz erhalten und er ist ihr soviel mehr Wert als irgendetwas Materielles. Es war und ist immer noch ein unglaublich tolles Gefühl, wenn ich mich jetzt gerade daran zurück erinnere!
Meinen vierten Dankbarkeitsbrief habe ich Montagabend in Form einer E-Mail verschickt und habe auch prompt Dienstagvormittag eine E-Mail zurück bekommen. Ich wusste nicht, ob ich überhaupt eine Antwort erhalten würde. Deshalb habe ich mich umso mehr gefreut, als die Empfängerin mir geschrieben hat, dass sie sich sehr über meine tolle E-Mail gefreut hat und sich dafür bedankt hat.
Es war wieder ein echt schönes Gefühl. Und auch diese E-Mail-Antwort hat mir wieder ein Lächeln aufs Gesicht gezaubert 🙂 Und es hat sich einfach toll und richtig angefühlt dieser Person gedankt zu haben.