Was ist das Impostor-Syndrom?
Das Impostor-Syndrom beschreibt ein psychologisches Phänomen, das Millionen von Menschen auf der ganzen Welt betrifft. Es beschreibt das Gefühl der Unsicherheit, Minderwertigkeit und ständigen Angst, als Betrüger:in entlarvt zu werden, obwohl man tatsächlich kompetent und erfolgreich ist.
Das Impostor-Syndrom beeinflusst zahlreiche Lebensbereiche und führt zu Selbstzweifeln, selbst bei großen Erfolgen.
Betroffene glauben, ihre Leistungen seien auf Glück oder andere Faktoren zurückzuführen und fürchten, enttarnt zu werden, wenn ihre wahren Fähigkeiten ans Licht kommen.
Dieses weit verbreitete Phänomen betrifft Menschen aus unterschiedlichen Lebensbereichen. Berühmte Persönlichkeiten wie Maya Angelou, Meryl Streep, Tina Fey und Emma Watson haben öffentlich über ihre Erfahrungen mit dem Impostor-Syndrom gesprochen. Trotz ihres Erfolgs fühlten sie sich oft als Betrügerinnen und zweifelten an ihren eigenen Fähigkeiten.
Wie zeigt sich das Impostor-Syndrom? Fakten bitte!
Die Symptome des Impostor-Syndroms können unterschiedlich sein und hängen oft von der jeweiligen Person und ihrem Umfeld ab.
Etwa 70 % der Menschen fühlen sich mindestens einmal in ihrem Leben als Hochstapler (Hill, Stanny, & Ziegert, 1999), unter Männern und Frauen gleichermaßen (Gravois, 2007).
Es tritt zudem häufiger bei Hochbegabten auf, z. B. bei Studenten und Experten (Clance, 1985).
Hier sind einige der häufigsten Symptome:
- ständiger Zweifel an der eigenen Leistung und Kompetenz
- übermäßige Angst vor Kritik und Ablehnung, tendenziell ein geringeres Selbstwertgefühl und ein generell höheres Maß an Angst (Bernard et al., 2002; Cokley et al., 2013)
- Perfektionismus und die Angst, Fehler zu machen
- Schwierigkeiten, eigene Erfolge anzuerkennen
- Erfolge externen Faktoren wie Glück oder der Hilfe anderer zuzuschreiben, als den eigenen Fähigkeiten (Leary et al., 2000)
- Vergleiche mit anderen Menschen (hier ein Artikel, wie sie damit aufhören) und das Gefühl, dass alle anderen erfolgreicher sind
- das Gefühl, dass man seine Arbeit, seine Stellung oder seinen Job nicht wirklich verdient hat
- das Vermeiden von Herausforderungen, um nicht als Betrüger entlarvt zu werden
Und wie können Sie nun feststellen, ob Sie vom Impostor-Syndrom betroffen sind?
Leiden Sie unter dem Impostor-Syndrom?
Sie müssen allerdings nicht unbedingt hochbegabt oder ein Experte sein, um betroffen zu sein. Aber schauen Sie selbst: Beantworten Sie folgende Fragen, um herauszufinden, ob Sie eventuell ebenfalls mit dem Impostor-Syndrom zu tun haben:
- Sorgen Sie sich heimlich, dass Sie nicht so intelligent, fähig oder qualifiziert sind, wie alle anderen „denken“?
- Schreiben Sie Ihre Erfolge Glück, Timing, Beziehungen oder einem Computerfehler zu?
- Glauben Sie „Wenn ich es kann, kann es jeder andere auch“?
- Leiden Sie unter den kleinsten Mängeln in Ihrer Arbeit?
- Sind Sie selbst durch konstruktive Kritik niedergeschlagen, da Sie es als Beweis für Ihre Unfähigkeit sehen?
- Wenn Sie erfolgreich sind, fühlen Sie sich heimlich so, als hätten Sie sie alle schon wieder getäuscht?
- Machen Sie sich Sorgen, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis Sie „entdeckt“ werden?
Dass viele Menschen mit diesen Gedanken zu kämpfen haben, ist offensichtlich. Aber wo ist der Ursprung dieser Denkweise zu suchen?
Woher kommt das Impostor-Syndrom?
Das Impostor-Syndrom kann verschiedene Ursachen haben. Hier sind einige der häufigsten:
- ein Umfeld, das Erfolg mit hohen Erwartungen verbindet und wenig Lob ausspricht
- ein überkritischer Elternteil oder Lehrer, der hohe Standards setzt
- eine Kultur, die Erfolg als selbstverständlich betrachtet und Kritik als persönliche Schwäche (ist ja in Deutschland glücklicherweise kaum vorhanden… 😉
- ein früherer Misserfolg oder ein schlechtes Feedback, das das Selbstbewusstsein nachhaltig erschüttert hat (vielleicht braucht’s da eine Selbstwertsteigerung?)
- persönliche Erfahrungen mit Diskriminierung oder Marginalisierung, die das Gefühl verstärken, dass man nicht wirklich dazugehört
Es kann auftreten, wenn man sich in einer neuen Rolle befindet, wenn man eine neue Fähigkeit erlernt oder wenn man in einer Gruppe von talentierten Personen arbeitet.
Es kann auch aufgrund von traumatischen Erfahrungen in der Vergangenheit oder aufgrund von unerfüllten Erwartungen entstehen.
Ein paar Treffer dabei? Welcher Impostor-Typ sind Sie?
5 verschiedene Impostor-Typen
Valerie Young beschreibt fünf verschiedene Typen des Impostor-Syndroms:
- Der Perfektionist: Dieser Typus strebt nach Perfektion und hat Schwierigkeiten damit, seine eigenen Leistungen anzuerkennen.
- Der Experte: Dieser Typus glaubt, dass er oder sie nur dann erfolgreich ist, wenn alles perfekt ist und alle Details berücksichtigt wurden.
- Der Einzelgänger: Dieser Typus hat Schwierigkeiten damit, um Hilfe zu bitten oder Unterstützung anzunehmen und fühlt sich oft isoliert.
- Das natürliche Genie: Dieser Typus glaubt, dass Erfolg und Leistung auf natürliche Begabung zurückzuführen sind und nicht auf harte Arbeit oder Anstrengung.
- Der Superheld: Dieser Typus hat Schwierigkeiten damit, Nein zu sagen und delegiert keine Aufgaben, da er oder sie glaubt, dass er oder sie alles alleine schaffen muss.
Ein Label zu haben, ist natürlich schön. Es lenkt aber ein wenig von all den harten Kosten ab, die durch das Hochstapler-Syndrom auftreten können. Sowohl für Sie als auch Ihren Arbeitgeber.
Fake it till you make it? Die Kosten des Impostor-Syndroms auf die Karriere und das Unternehmen
Insbesondere in der Arbeitswelt gibt es häufig eine starke Diskrepanz zwischen dem äußeren Erscheinungsbild und dem inneren Gefühl des Impostor-Syndroms.
Viele Menschen, die von diesem Syndrom betroffen sind, versuchen durch äußere Signale, wie Kleidung, Körpersprache oder Sprachgebrauch, zu vermitteln, dass sie sich in einer Position wohlfühlen, obwohl sie innerlich von Selbstzweifeln geplagt sind.
Dieses Verhalten kann kurzfristig dazu führen, dass man selbstbewusst und kompetent wahrgenommen wird. Langfristig kann es jedoch negative Auswirkungen auf die Karriere haben, da man sich ständig unter Druck setzt, die Erwartungen anderer zu erfüllen und sich selbst zu übertreffen. Die permanente Überforderung kann zu Stress, Burnout und einem Gefühl der Unzulänglichkeit führen.
Mitarbeiter, die das Impostor-Syndrom erleben, …
- sind häufiger zurückhaltend bei der Weitergabe von Ideen und dem Stellen von Fragen oder
- nicht in der Lage, sich für anspruchsvollere Möglichkeiten oder Aufgaben zu engagieren
- werden oft übersehen bei Beförderungen
- interpretieren konstruktives Feedback in eine negative Richtung
- prokrastinieren bei wichtigen Projekten und Aufgaben
- betreiben Job-Hopping oder sabotieren anderweitig ihren Erfolg
- arbeiten zu viel und bereiten sich übermäßig viel vor
- erleben unnötigen psychischen Stress und Erschöpfung
Kosten der Organisation
Aber auch Unternehmen leiden darunter, wenn ihren Mitarbeiter:innen das nötige Selbstwertgefühl fehlt und sollten ein Interesse daran haben, durch angemessene Wertschätzung ihrer Mitarbeiter:innen . Mitarbeiter:innen mit dem Impostor-Syndrom…
- haben weniger Ideen und Lösungen, verpassen häufiger Chancen und kommen seltener in Talent-Pools
- empfinden durch Prokrastination öfter unnötig Stress, vergeuden Zeit und kommen in vermeidbare Krisen
- Job-Hopping führt zu kostspieligen Einstellungsprozeduren und Suche nach neuen Mitarbeiter:innen
- zu viel Arbeit und Übervorbereitung führen zu Zeitverlust und geringerer Produktivität sowie zu kostspieligem Burnout von Mitarbeitenden.
Es ist daher wichtig, dass Sie sich bewusst machen, dass Sie nicht perfekt sein müssen und dass es okay ist, Schwächen und Fehler einzugestehen.
Eine offene und ehrliche Kommunikation mit Kollegen und Vorgesetzten kann dazu beitragen, dass Sie sich weniger isoliert fühlen und Unterstützung erhalten. Auch eine gezielte Selbstreflexion und die Auseinandersetzung mit den eigenen Stärken und Schwächen kann helfen, das Impostor-Syndrom zu überwinden und die Karriere langfristig zu fördern.
Aber es gibt noch weitere Möglichkeiten, dem Syndrom und seinen negativen Folgen zu begegnen.
Wie können Sie das Impostor-Syndrom überwinden?
Das Impostor-Syndrom zu überwinden ist kein einfacher Prozess, aber es ist möglich. Hier sind einige Strategien, die Ihnen helfen können:
- Sprechen Sie mit anderen Menschen über Ihre Gefühle und Erfahrungen. Oft erkennen Sie, dass Sie nicht allein sind. Häufig ist der erste Schritt auf jemanden der schwerste. Von da an geht es leichter.
- Reflektieren Sie Ihre Erfolge und Leistungen. Schreiben Sie auf, was Ihnen gut gelungen ist und lesen Sie diese Liste regelmäßig durch. Das wird Ihnen verdeutlichen, was Sie alles schon geleistet haben. Faktenbasiert.
- Akzeptieren Sie, dass es in Ordnung ist, Fehler zu machen. Fehler machen uns in der Tat erst schön! Niemand ist perfekt, und Fehler sind ein wichtiger Teil des Lernprozesses.
- Vermeiden Sie den Vergleich mit anderen Menschen. Jeder hat seine eigene Geschichte und seinen eigenen Weg. Und häufig ist Ihr Werdegang sowieso kaum mitt anderen zu vergleichen. Selbst, wenn es erst einmal so scheint.
- Arbeiten Sie an Ihrer Selbstakzeptanz und Ihrem Selbstwertgefühl. Suchen Sie nach positiven Eigenschaften an sich selbst und versuchen Sie, sich selbst zu loben. Auch das wird sich anfangs seltsam anfühlen, weil Sie’s nicht gewohnt sind. Das geht aber weg, versprochen… 😉
- Setzen Sie sich realistische Ziele und teilen Sie diese in kleine Schritte auf. So können Sie weitere Erfolgserlebnisse sammeln und Ihr Selbstbewusstsein stärken.
Fazit
Wenn Sie das Gefühl haben, dass Sie unter dem Impostor-Syndrom leiden, zögern Sie nicht, darüber zu sprechen. Es gibt viele Menschen, die sich in derselben Situation befinden wie Sie. Mit einigen einfachen Strategien können Sie lernen, sich selbst zu vertrauen und Ihre Fähigkeiten voll auszuschöpfen.
Und wenn Sie sich Profis an die Seite holen wollen – Sie wissen ja, wo welche zu finden sind. 😉