Veränderung tut manchmal weh. Deshalb ist es schlauer, bei sich anzufangen anstatt darauf zu warten, dass es andere für einen tun. Dazu eine schöne Kurzgeschichte zur Inspiration:
„Als ich jung und frei war und meine Phantasie keine Grenzen kannte, träumte ich davon, die Welt zu verändern.
Als ich älter wurde und weiser, entdeckte ich, dass sich die Welt nicht ändern würde, also änderte ich meinen Blick etwas und beschloss, nur mein Land zu ändern. Aber es schien ebenso unbeweglich.
Als mein Lebensabend vor der Tür stand, unternahm ich einem letzten verzweifelten Versuch und entschied mich dafür, nur meine Familie zu ändern, die, die mir am nächsten waren. Aber herrje, sie wollten nichts davon wissen.
Und nun liege ich auf meinem Totenbett und mir wird plötzlich klar: Wenn ich mich nur selbst zuerst verändert hätte, dann hätte ich durch gutes Beispiel meine Familie verändert. Durch ihre Inspiration und Ermutigung hätte ich mein Land verbessern können und wer weiß – vielleicht sogar die Welt.“
Die anderen verändern
Diese Worte standen auf dem Grabstein eines anglikanischen Bischofs (1100 n. Chr.) in der Westminster Abbey in London. Jeden Tag versuchen viele Menschen (inkl. mir selbst), die Abkürzung zu nehmen: Änderung hervorzurufen, wo andere Ansichten herrschen, andere Menschen sind, wie sie sind. Können Sie sich vorstellen, welches in einer Coachingsitzung die häufigste Antwort auf die Frage „Was müsste sich ändern, damit die Situation nur ein wenig besser wird“ ist? „Mein Chef“ dicht gefolgt vom Kollegen, Mitarbeiter, Partner, sprich: die anderen. Lieber heute als morgen.
Veränderung will jeder, wenn er dabei gleich bleiben kann.
–Kurt Haberstich.
Leider haben Sie aber keine Fernbedienung, um die anderen zu steuern. Aber Sie haben sich selbst. Um als gutes Vorbild zu dienen und nach Ihren eigenen Werten und Zielen zu handeln. Um von den Werten nicht nur zu erzählen, sondern sie anderen vorzuleben, was Sie sich für Ihr Leben vorgenommen haben.
Und Sie werden sich wundern, wie stark der zurück bleibende Eindruck Ihres Gegenübers ist, wenn er bei Ihnen sieht, was andere nur von sich behaupten.
Menschen werden über Jahrzehnte, wer sie sind
Es gibt viele Gründe, warum Sie und ich so sind, wie wir sind: Erziehung der Eltern und Lehrer. Einfluss des Sport- oder Karnevalsvereins. Die beste Freundin, die einen früher immer für die Dinge begeistert hat, die auch sie gut fand.
Die Einflüsse sind zahlreich. Doch wann ändern sich andere Menschen bewusst? Selten, wenn sie etwas vorgeschrieben bekommen (siehe auch Reaktanz und auch ein schöner Artikel dazu in Daniel Rettigs Blog Alltagsforschung).
Sie kennen es wahrscheinlich aus eigener Erfahrung: jemand erklärt Ihnen, wie Sie dieses und jenes besser machen könnten, ja, besser machen sollten. Gründe sind vorhanden und machen Sinn. Ändern tun Sie sich jedoch erst einmal nicht.
Wann ist eine Änderung denn wahrscheinlich?
Wenn wir es eigenständig sehen, selbst herausfinden und die Vorteile dann sichtbar vor uns liegen.
Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass Sie das vorbildliche Verhalten eines anderen bewusst übernehmen, wenn es zu Ihrem derzeitigen Lebensstand passt und sich die Vorteile daraus erschließen und bewusst machen können.
Ein Beispiel aus dem Familienkreis:
Veränderung an Weihnachten, Fest der Liebe – nicht für jeden
Viele Weihnachtsfeiern sind – munkelt man – anstrengend und enden in Streitereien. Das „Fest der Liebe“ hat bestimmt andere Intentionen, doch warum kommen Unstimmigkeiten gerade an diesem Fest häufig erst richtig in Fahrt?
Vielleicht aus dem daraus entstehenden Erwartungsdruck („Weihnachten ist Familienzeit und wir sollten uns gerade dann gut verstehen.“), vielleicht aus dem Drang, seine Eltern, Geschwister oder Kinder zu verändern. Natürlich steht dahinter nichts als der Wunsch, ihnen etwas zu ersparen und Gutes zu tun:
- den Kindern Schmerz und Enttäuschung („Du wirst mir später noch dafür danken.“)
- den Geschwistern ähnliche Erfolgserlebnisse wie die eigenen („Mach es doch so wie ich – das kannst du sogar auf deinen Job anwenden.“)
- den Eltern einen erfüllteren Lebensabend („Jetzt, wo ihr so viel Zeit habt, könnt ihr doch auch mal ein Buch lesen.“)
Trotzdem wollen die Kinder voraussichtlich ihre eigenen Erfahrungen machen (und nicht die der Eltern von vor 30 Jahren), die Geschwister gerade nicht das Selbe machen und die Eltern haben das noch nie gemacht und scheinen nichtsdestoweniger zufrieden. Warum also jetzt damit anfangen?!
Veränderungen brauchen Zeit. Gerade bei Menschen, die Gewohnheiten und Glaubenssätze über Jahre hinweg gepflegt und bestätigt gefunden haben.
Veränderungen geschehen aber auch am stärksten aus intrinsischer Motivation heraus, also durch den eigenen Drang nach Veränderung, nicht durch äußere Vorgaben (die verstärken eine langsam statt findende Veränderung natürlich häufig noch).
Und wenn Sie ehrlich sind, ist es zwar manchmal harte Arbeit, sich zu verändern, aber immer noch leichter und kontrollierbarer als die Veränderung an einem anderen zu vollziehen…
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